Faszien-Distorsionsmodell

Schmerz als Dialogform

Faszien-Distorsionsmodell

Bei einem Schmerzereignis sendet der Körper über die Nerven ein Signal: Etwas stimmt nicht. Bei dieser langen und komplexen Übertragungskette spielen die Faszien eine wichtige Rolle. Die umgangssprachlich auch Bindegewebe genannten Kollagenfasern durchziehen den gesamten Körper. Sind sie durch einen Unfall oder eine Erkrankung beeinträchtigt, sind oft Schmerzen die Folge. Hier setzt das Faszien-Distorsionsmodell an.

Ein sechstes Sinnesorgan

Eine wesentliche Eigenschaft der Faszien ist die Wahrnehmung des Körpers. Dazu sind sie mit zahlreichen Nervenendigungen versehen, die auf Druck, Zug, Temperatur und eben mit Schmerzreizen reagieren können. Aus diesem Grund können wir die Faszien mit Fug und Recht als sechstes Sinnesorgan begreifen. Sind diese Funktionen beeinträchtigt, sind häufig Schmerzen ohne zunächst erkennbare Ursache die Folge. Das Faszien-Distorsionsmodell (Distorsion = Verzerrung, Verdrehung) geht von sechs unterschiedlichen Verletzungsmustern aus, die lokalisiert und therapiert werden können. Dazu ist die Mitarbeit des Patienten erforderlich, um die richtige Diagnose stellen zu können.

Diagnose übers Gespräch stellen

Wie bei vielen anderen Therapieformen, die wir im Spektrum der Chiropraktik anwenden, ist das Anamnesegespräch mit dem Patienten eine absolute Vorbedingung. Dabei versuchen wir herauszufinden, um welche Schmerzen es sich handelt (ziehend, brennend, stechend, bohrend, punktuell, großflächig), wo der Schmerz sitzt, welche Positionen den Schmerz auftreten lassen und welche Bewegungseinschränkungen das Schmerzerleben auslösen. Dazu gehört auch, dass der Patient die Alltagsverrichtungen ausführt - Schuhe zubinden, Gardinen aufhängen, Wäsche bügeln - die zu den Beschwerden führen. Aus all diesen Beobachtungen und Gesprächen leiten wir die Therapie ab. 

Faszien - schnell erklärt

Faszie (lat.) bedeutet übersetzt Band. Die Fasernbündel bestehen aus Kollagen, einem speziellen Eiweiß. Es hat mit ca. 30 Prozent den größten Anteil am menschlichen Körper. Die Fasern sind extrem zugfest und mitverantwortlich für die Stabilität unserer verschiedenen Körpergewebe. Zu den Faszien zählen Bänder, Sehnen, die Organkapseln, die Hirnhaut, das Brustfell und viele andere Strukturen. In der Medizin unterscheidet man wesentlich die oberflächlichen Faszien (z.B. als Bestandteil der Hautschichten), die tiefen Faszien (die z.B. die Muskeln umhüllen) und die viszeralen Faszien (die z.B. der Aufhängung der Organe in der Bauchhöhle dienen).

Den Patienten aktiv mit einbeziehen

Beim Faszien-Distorsionsmodell werden hauptsächlich manuelle Techniken verwendet, gelegentlich unterstützt durch Hilfsmittel wie Pümpel, Zange oder Schröpfköpfe. Wesentlicher aber noch ist die Mitwirkung des Patienten im Dialog mit dem Therapeuten. Die Informationen, die wir im Gespräch gewinnen, formen die Therapie; d.h. der Patient selbst ist es, der die Behandlung vorgibt. Diese Vorgehensweise unterscheidet sich stark von Behandlungsmodellen, in denen der Therapeut die Marschrichtung vorgibt.

Eine kurze Geschichte des Faszien-Distorsionsmodells

Das Faszien-Distorsionsmodell geht auf den US-amerikanischen Arzt und Osteopathen Stephen Typaldos zurück.

Der Kalifornier erkannte bei seinen Patienten verschiedene Muster des Schmerzes, die er im Gespräch und durch Beobachtung der Bewegungsabläufe ableitete. Dazu führte er lange Dialoge; Typaldos setzte in erster Linie auf die Eigenwahrnehmung seiner Gesprächspartner. Aus der Analyse der Anamnesen leitete er 1991 das Faszien-Distorsionsmodell ab.

Diese sechs Distorsionen gibt existieren:

  • Triggerband: Fehlbelastung der Faszien durch Verdrehung
  • Hernierter Triggerpunkt: Vorwölbung von Gewebe durch eine darüberliegende Faszienschicht, beispielsweise bei einem Bandscheibenvorfall
  • Kontinuumdistorsion: Bei der KD ist der Übergangsbereich zwischen Sehne und Knochen beispielsweise nach einer Fraktur oder einer Verstauchung betroffen
  • Faltdistorsion: Nach der Rotation eines Gelenks auftretende Distorsion (Verdrehung der Faltfaszien)
  • Zylinderdistorsion: Die oberflächlichen Faszien besitzen zylindrischen Windungen, die sich durch ein Trauma verhaken können
  • Tektonische Fixation: Verlust der Gleitfähigkeit einer Faszie